Arbeit unter Augenhöhe

Wir leben in einer Gesellschaft, die uns keine Möglichkeit gibt, die Qualitäten des Geistes und des Herzens zu entwickeln. In unserer schnelllebigen Welt  fehlt es an emotionaler Intelligenz und Empathie, im menschlichen Umgang, an Liebe, Freundlichkeit, Harmonie und Toleranz. Auf unserem Weg treffen wir Menschen, die verloren sind. Sie finden keine Erfüllung mehr in der Welt und gleichzeitig keinen Zugang zum Göttlichen. Sie haben ihre wahre Größe vergessen, ihren eigenen Ursprung – dass sie in Wirklichkeit das unpersönliche, absolute, ewige Bewusstsein sind.

In einer Begegnung, getragen von einer stillen bedingungslosen Liebe, jenseits aller Konzepte, wird der Mensch mit Wertschätzung und Würde nach Hause gebracht. In einer Atmosphäre der Wahrheit und Wärme trifft er auf die Güte, welche ihn annimmt und nicht verurteilt, auf ein mitfühlendes Herz, welches seine Gefühle, Ängste und Sorgen als die eigenen teilt.

Arbeit unter Augenhöhe ist keine geistige Einstellung – sie wird aus der Qualität des Seins geboren, sie äußert sich in Attributen wie Demut, Hingabe, Mitgefühl, Bescheidenheit, Güte und Barmherzigkeit. Je mehr sich das Persönliche zurückzieht in unsere wahre Natur, je mehr kommen diese reinen Eigenschaften zum Vorschein.

Der Mensch wird in seinem Kummer und Schmerz aufgefangen, im tiefen Verständnis für sein Leid. Hier zeigt sich Demut vor der alleinigen, absoluten und ewigen Natur des Menschen, die Hingabe an das Göttliche in seinem Wesen. Es findet ein Verbeugen statt vor seiner eigenen unpersönlichen Ewigkeit, vor dem absoluten Bewusstsein, welches in allen Formen gegenwärtig ist und als deren Kern zu Grunde liegt. Ein Zeichen der Wertschätzung des Menschen für sein wahres Wesen und ein Ausdruck meiner ganzen Liebe und gleichzeitig die Aufforderung an ihn, sein eigenes Selbst genauso zu lieben, wie ich es tue.

Was geschieht wird nicht in Frage gestellt, sondern angenommen und zwar aus dem Verständnis heraus, dass man dem Menschen an sich gar nicht helfen kann, da er sich zunächst seinen Gefühlen stellen muss. Das Leid in seinem Leben, welches er gerade erfährt, ist für ihn eine unumgängliche Erfahrung. Der Mensch muss sich seinem Schmerz unbedingt stellen und unterwerfen, um über diesen  hinauszuwachsen.

Daher wird der eigene Körper, die eigene Energie voll und ganz zur Verfügung gestellt, um gemeinsam mit ihm seine Tränen zu weinen. Oft werden für ihn seine nicht geweinten Tränen geweint, welche er nicht in der Lage ist auszudrücken, um seine emotionalen Staus zu bewegen und Blockierungen aufzulösen. Das bedeutet, ihn an die Hand zu nehmen, seine Negativität und seinen Trennungsschmerz auf sich zu nehmen und ihn reinzuwaschen. Dies erfordert die Bereitschaft, sich ganz bewusst in den Schmerz des anderen zu begeben und zwar ohne Konzepte, diesen in sich aufzunehmen und durch den Schmerz hindurchzugehen bis Bewusstseinsenergie freigesetzt wird, Frieden sich einstellt und Heilung geschieht.

Sich nicht scheuen, sein Gegenüber zu berühren, zu umarmen, sich vor ihm hinzuknien. Nichts abzuwehren, seine gesamte physische und energetische Belastung auf sich zu nehmen, um den anderen energetisch anzuheben, was gleichzeitig bedeutet, das Bewusstsein unseres Planeten zu erhöhen.

Die Begegnung unterhalb der Augenhöhe ist eine Begegnung aus der bedingungslosen Liebe heraus, sie stellt einen Aspekt des Dienens dar, den mütterlichen Aspekt. Es ist eine Begegnung aus der Tiefe des Seins. Durch Weisheit gereinigt dienen wir aus der Klarheit und Unterscheidung heraus.

Es ist ein Angebot, das eigene Potenzial zur Disposition zu stellen und zwar voll und ganz bis zur Selbstaufgabe. Es ist eine Geste, die dem Menschen zeigt, auf welcher Ebene ich ihn treffe und sehe – nämlich in seiner Göttlichkeit, als mein eigenes Selbst.

Der Weg zum absoluten reinen Bewusstsein ist der Weg des Rückzugs in das reine Sein, dabei wird die eigene Persönlichkeit transzendiert. Die Position des Schülers und des Lehrers lösen sich auf. Was übrig bleibt ist das Eins-Sein mit unseren Mitmenschen, eine Rückkehr in die Einheit, zu unserer wahren Natur, wo sich die Frage nach dem du und ich nicht mehr stellt. Im Dienste der eigenen Natur und im Dienste der Menschen stellt die Arbeit unter Augenhöhe eine Entscheidung für die bedingungslose Liebe dar und zwar in jedem Moment des Lebens. Das eigene Leben voll und ganz dem Höchsten zu widmen und die anderen mitzunehmen, das ist der göttliche Weg.